Aus dem Leben eines DJs

Aus dem Leben eines DJs

Woche für Woche reist man durch die Weltgeschichte, sieht schöne Städte, ist ständig nur am Feiern, fährt schnelle Autos, darf am Arbeitsplatz Alkohol trinken, hat schöne Frauen um sich herum, geile Partys obendrein und natürlich wird man für´s Spaß haben auch noch fürstlich entlohnt. „Wow, dein Leben hätte ich auch gerne!“ – wie oft hört man das als DJ? Ich höre es sehr oft und werde belächelt, wenn ich dann sage: „Naja, so einfach ist es auch nicht.“

Aber es sind doch genau diese Klischees, die das DJ-Dasein bestimmen, gehyped durch den EDM-Kult. Wenn man uns als Kinder damals gefragt hat, was wir später einmal werden wollen, was war die häufigste Antwort? „Sänger“. Fragt man die Kiddies heute, wäre die Antwort vermutlich: „Ich will mal DJ werden.“ Wirklich? Ein Blick hinter die Kulissen:

DAS LOTTERLEBEN

Montag, 11 Uhr. Der Wecker klingelt nicht. Muss er auch nicht. Dafür klingelt das Telefon. Muttern ist dran: „Na, hat Graf Koks schon ausgeschlafen?“. Was die liebe Mum nicht weiß: es ist nicht Montag, es ist Sonntag. Zumindest für DJs. Was meine Eltern als „Lotterleben“ bezeichnen, nenne ich meinen Beruf. Kurzer Rückblick: Freitag Zürich, Samstag Hamburg, Sonntag Berlin. Stundenlange Reise- und Wartezeiten dank Verspätungen oder Flugausfällen, wenig Schlaf, schlechtes Essen, dafür viele Drinks. Party, Nachtleben, Feierei. Die Ohren dröhnen, der Kopf brummt, der Magen knurrt und die Augenringe sind so groß wie Teller. Montags also mal richtig ausschlafen und den restlichen Tag zu chillen ist völlig okay. Nein, viel mehr noch: es ist wichtig um zu entschleunigen, dem Körper mal etwas Ruhe und Entspannung anzubieten. Einfach mal runterkommen. Ein starker Kaffee, dazu ein kräftiges Frühstück und schon kann man halbwegs wieder gerade stehen. Chillen kann man übrigens auch wunderbar an der frischen Luft. Soll die Atemwege frei halten, und so.

Zurück zu Mutti. Es war ein langer Weg, bis meine Eltern eingesehen haben, dass ich nicht ihr Leben führen werde. Sie sind ja auch in einer anderen Generation aufgewachsen. In der DDR hat man ganz vernünftig seinen Schulabschluss gemacht, hatte danach sofort eine Ausbildungsstelle bekommen und ging dann reibungslos über ins Arbeitsleben. In der Regel 8 Stunden täglich, ein Leben lang. Über den Tellerrand hinausschauen? Lieber nicht.

„Was, wann hast du da gespielt? Um 4 Uhr nachts? Bist du verrückt?“ Klar, damals haben die Diskos der Stadt aber auch schon nachts um 1 ihre Türen geschlossen und die Bordsteine wurden hochgeklappt. Heute sind die meisten Clubs um diese Zeit noch nicht mal halbvoll. Natürlich gab es damals auch schon DJs. Die hießen nur anders: „Schallplattenunterhalter“. Als DJ Udo mit dem Mikro in der Hand durch den Abend führte und der schüchterne Hans die kleine Gabi zum Tanz gebeten hat. „Wer 21 Uhr noch keine Tanzpartnerin hatte, konnte sich entweder an die Bar setzen oder nach Hause gehen.“, erinnert sich mein Vater.

In den Augen vieler Leute geht dieses Lotterleben auch unter der Woche weiter. In Gedanken stellen sich die Leute bestimmt vor, dass man eine große Suite im Hotel bewohnt, sich von früh bis spät von halbbekleideten Damen verwöhnen lässt, nur mal kurz zwischen Whirlpool und Sauna wechselt um dann später im Studio die Anlage aufzudrehen, natürlich nicht ohne die 50 besten Freunde. Ach und sowieso: der Champagner fließt aus dem Wasserhahn, wichtige Entscheidungen werden mit eingerolltem Geldschein über dem vergoldeten Stubentisch getroffen und wenn man doch mal an die frische Luft muss, hat man ja zum Glück einen Hubschrauber auf dem Dach stehen.

Die Realität sieht ein klein wenig anders auch: man geht bei Aldi einkaufen, steht eine halbe Stunde am Pfandautomaten an, diskutiert mit der Politesse weil man 5 Minuten über die Zeit parkt, tritt in den Hundehaufen vor dem Haus und wird von Nachbars Oma angeschrien, wenn man mal vergessen hat die Treppe zu kehren: „Junger Mann, so geht da aber nicht!“

Wenn meine Kinder später mal entschließen, dass sie in meine Fußstapfen treten und mein „Lotterleben“ führen wollen, werde ich ihnen nicht davon abraten. Aber ich werde ihnen mit auf den Weg geben, dass sehr viel Arbeit und Geduld dahinter steckt. Dass man – wie auch in jeder anderen Branche – hart für seine Ziele arbeiten muss. Selbständig beinhaltet zwei Worte: selbst und ständig. Lernen, Verantwortung übernehmen, eigenständig Entscheidungen treffen, selbstverständlich für eigene Fehler gerade stehen und das rund um die Uhr von Montag bis Sonntag. Wer seinen Job liebt, wird die Arbeitszeit dafür nie aufschreiben, aber wenn man sich mal vor Augen hält, dass man eigentlich um die 15 Stunden am Tag bzw. über 100 Stunden pro Woche seiner Arbeit in jedweder Form nachgeht, dann liest sich das Traumleben vielleicht doch etwas anders.

Arbeit und Fleiß allein sind aber nicht alles. Man braucht auch Glück, um zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Wenn man nur mal schnell einen Hype genießen und sich dann zurücklehnen will, ist man schneller von der Bildfläche verschwunden, als es einem Recht ist. One-Hit-Wonder gibt es in der Musikgeschichte einige. Davon leben konnte man früher trotzdem sehr gut. Aber die Musikverkäufe heute kann man mit damals nicht mehr vergleichen. 90% des Monatseinkommens machen heute die Bookings aus. Die Zeit ist zudem viel schnelllebiger geworden. Ein Hit heute ist im nächsten Sommer längst vergessen. Hat man dann nicht nachgelegt, sieht man das Ergebnis im eigenen Kalender.

DIE WELT BEREISEN:

Definitiv ein Privileg! Man muss es sich nur richtig einplanen. Die schönsten Reisen sind die, die man mit seinen Liebsten teilt. Sei es die Freundin oder die besten Freunde. Nur zusammen hat man den Spaß, den man alleine nie hätte. Als DJ hat man die Möglichkeit, Länder und Städte zu bereisen, die man sonst in seinem Leben nie sehen würde. Vermutlich kaum jemand käme auf die Idee zu sagen: „Komm, wir fliegen mal eben nach Russland, ins schöne Ekaterinburg!“ Aber genau diese Städte fernab des großen Tourismus sind die Perlen in der DJ-Vita. Um noch ein paar tolle Städte zu nennen, die mich nachhaltig begeistert haben: Bilbao, Florenz, Oslo, Montpellier, Lyon.

Es geht aber auch anders: mich haben viele Leute beneidet, dass ich in Neapel/Italien gespielt habe. Habe ich auch. Allerdings bin ich erst 0 Uhr gelandet (Verspätung durch Schlechtwetter), bin direkt zum Open-Air-Gelände gefahren worden, habe 2-4 Uhr gespielt und saß 6 Uhr schon wieder im Flieger zurück. Also ja, ich habe Neapel gesehen: beim Start aus dem Fenster in den frühen Morgenstunden. Ohne vorher ein Auge zugemacht zu haben. Der spätere Rückflug hätte 300 EUR mehr gekostet, das wollte der Veranstalter nicht bezahlen. Klar. Und dann kommst du 9 Uhr morgens in Frankfurt an und weißt, dass dein Anschlussflug nach Hause erst in 5 Stunden geht. Prima!

Natürlich ist man nicht im Handumdrehen von A nach B gereist. Was sich im Kalender eines DJs immer so toll liest, ist mitunter richtig mit Stress verbunden und wird aus dem ach so tollen Leben ausgeblendet. Wenige Flugverbindungen gehen direkt und wehe man verpasst mal seinen Anschlussflug. Und kein Verkehrsmittel (außer das Auto) richtet sich nach deinen Arbeits- und Schlafgewohnheiten. Manchmal springt man direkt nach dem Gig in den Flieger, einfach weil es anders nicht geht. Natürlich sind Abenteuer etwas schönes, aber will man so etwas jede Woche haben? Dafür muss man geboren sein und, äh, ich bin da vermutlich falsch geboren worden. Dieser Teil des DJ-Lebens nennt sich: Job.

Es gibt die Tage, wo du 2 Gigs an einem WE vor der Brust hast, zu Hause auf gepackten Koffern sitzt und überhaupt keine Lust hast loszumachen. Meistens sind das Gigs in weiter Ferne, wo man Land und Leute nicht kennt und erst recht von dem Club oder dem Promoter noch nie etwas gehört hat. Da reist du ins Blaue, aber oft sind das die besten Wochenenden. Erwarte nichts, bekomme viel. Vor allem Dankbarkeit und Gastfreundschaft. Im Grunde ist es immer das Gleiche: sonntags kommst du irgendwann wieder nach Hause und hast ein breites Grinsen im Gesicht. Solche Erinnerungen sind unbezahlbar.

Reisen kann aber auch sensibilisieren. Ich erinnere mich daran zurück, als ich 2013 außerplanmäßig in Donetzk/Ukraine gelandet bin (siehe meinem ersten Blog-Eintrag). Ein Flughafen voller Prunk und Klasse. Und dann siehst du im Fernsehen eine Doku, wie es dort ein Jahr später aussieht, mitten im Krieg. Das lief mir eiskalt den Rücken herunter. So ein Gefühl kann man nur entwickeln, wenn man selber schon mal da war.

VIEL GELD VERDIENEN

„Was, für 2 Stunden auflegen kann man so viel Geld verdienen?“ Ja, kann man. Musik ist eine der Branchen, wo es keine Gehaltsobergrenze gibt, auch wenn natürlich überall geheult wird, wie schlecht es der Branche doch geht. Ja ja.

Die Rechnung ist eigentlich ganz einfach: wie viele Leute wären bereit wie viel Geld an der Abendkasse hinzulegen um den Headliner zu hören? Daraus bemisst sich grob der Querschnitt der Gage und um so tiefer man in der Szene drin steckt desto deutlicher merkst du eigentlich, wie viele Leute ganz genau wissen was du Wert bist, ohne überhaupt deinen Kurs zu kennen. Also, völlig egal ob man selber zwischen „verdienen“ und „bekommen“ unterscheiden will, das spielt keine Rolle. Die Nachfrage bestimmt das Angebot und dieses wirtschaftliche Phänomen kennt man nicht nur aus der Musik.

Natürlich muss man auch etwas von dem Business verstehen, was man betreibt. Einfach nur gut auflegen hat vor 15 oder 20 Jahren ausgereicht. Heute sollte man vieles miteinander vereinen um erfolgreich zu sein. DJs gibt es wie Sand am Meer, also ist es ein Wettbewerb geworden, die paar Slots in den coolen Clubs der Welt jedes Wochenende für sich zu beanspruchen. Das Musikgeschäft ist in meinen Augen sowieso sehr plastisch geworden. Damals war es Kunst, gut aufzulegen. Heute macht nur eine gute Pyro-Show ein DJ-Set perfekt, zumindest im kommerziellen Sektor. Wenn man oben mitspielen will, braucht man Nerven und Eier um sein Treppchen zu verteidigen. Und das macht man am Besten mit Qualität und nicht mit Ellenbogen. In unserem Metier ist Kreativität das bestimmende Element. Erfolgreich ist am Ende der, der über Jahre hinweg aus wenig viel machen und unter Druck abliefern kann. Und zwar kein halbgares, herzloses Zeug. Natürlich rede ich längst davon, dass ein DJ auch gleichsam Produzent ist. Die DJs, die anno 2015 noch ohne eigene Produktionen jede Woche gefragt sind, kann man mittlerweile an einer Hand abzählen. Ganz nebenbei sollte der DJ/Producer selbstverständlich noch das komplette Management und Booking im Griff haben, die sozialen Kanäle bespaßen, bestenfalls ein eigenes Plattenlabel betreiben und eine coole Eventreihe am Start haben.

GEILE PARTYS

Jeder DJ kennt diese Partys: die Nacht ist längst im Gange und es will einfach keiner kommen. Und jeder hat schon mal bei diesen „Wohnzimmerpartys“ vor 10 Leuten gespielt. Jeder. Auch wenn es keiner an die große Glocke hängt. Dann doch lieber das obligatorische Posting: „Thanks (Berlin) for having me“ oder was auch immer gern genommen wird: „(Berlin) was dope last night, what an amazing party at Club xx“.

Natürlich entstehen pressewirksame Fotos woanders. Dieses „fishing for likes“ funktioniert sowieso am Besten in angesagten/bekannten Locations oder an außergewöhnlichen Orten. Dinge, die nicht alltäglich sind, aber trotzdem einen hohen Stellenwert genießen.

Geile Partys kommen oder sie kommen nicht. Vorprogrammieren kann man das nicht wirklich. Dazu zählen ja auch viele Faktoren: eine gute Promo im Vorfeld und am Abend eine coole Location, gutgelauntes Publikum, eine fette Anlage, gut abgestimmtes Licht und natürlich die richtigen Tracks zur richtigen Zeit. Wenn alles zusammen passt, dann kann man von einer geilen Party sprechen. Am Besten geht man sowieso ohne Erwartungen in den Abend, dann wird man meistens positiv überrascht. Die Lust, seine Musik aufzulegen hat man sowieso. Alles andere kann man nicht beeinflussen.

KOKS UND NUTTEN

Haha, genau: der Klassiker! Lustig sind die Erzählungen über frühere Artgenossen, die im „Tech-Rider“ zwei verschließbare Räume im Club für die weibliche Eskorte bestellt haben. Ach und so weiter. Natürlich erzählt man sich immer viel, das ist klar. Aber dieser Luxus bedingt durch Geld hat seine Exklusivität nicht in der Musik. Überall wo Botox und falsche Möpse ihren Einklang finden, dürfen Schneeberge nicht fehlen, ebenso wenig wie das eklig prickelnde Gesöff, was im Mund immer mehr wird.

Hauptberuflich DJ zu sein bedeutet eine Scheinwelt zu betreten. Je nach deinem Standing ziehen sich die Kreise um dich herum von ganz alleine. Sofern man wochentags nicht noch einem geregelten Job nachgeht, sollte man immer mal nach links und rechts blicken, die „Außenwelt“ regelmäßig betreten. Meistens reicht es, wenn dich deine Familie und Freunde nach dem Wochenende mal wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholen.

Unterm Strich hat man es selber in der Hand, wie weit man sich davon beeindrucken und reinziehen lässt. In zunehmendem Alter sieht man das Ganze dann auch etwas weiser und ist auch mal mit 2 Bierchen am Abend glücklich.

Übrigens darf man nicht überall am DJ-Pult Alkohol trinken. Als ich in in Dubai gespielt habe, hatte man ein wachsames Auge, welche Getränke da auf dem Pult standen. Zum Bier trinken musste ich das Pult verlassen, davor einen großen Hieb aus der Pulle nehmen um danach wieder zum Pult zurückzukehren. Als man mir eine Cola reichte, musste die erst vom Sicherheitsbeauftragen „abgeschnüffelt“ werden, um sicherzustellen, dass sich da kein Schluck Wodka im Glas verirrt hatte. Verrückt, aber wahr. Ähnliches gilt übrigens fürs Rauchen. Auch wenn ein deutscher Richter einmal Recht gesprochen hat, indem er dem DJ das „Rauchen am Arbeitsplatz“ gewährte, gilt das nicht automatisch für andere Länder. Ich kann mich gut an den 2-Meter-Security-Schrank aus Moskau erinnern, der mich eher unsanft am Arm packte und mir zu verstehen gab, dass ich hier nicht rauchen werde. „When you smoke, all the people will smoke too“, hat er in gebrochenem Englisch formuliert. Habe ich übrigens auch so verstanden. Aua!

SCHNELLE AUTOS UND MARKENKLAMOTTEN

„Junge, eins sage ich dir! Wer angibt, hat mehr vom Leben“ hat Oma immer gesagt. Dabei hatte sie aber dieses Grinsen im Gesicht, wo man genau wusste, wie sie es meinte.

Als ich vor vielen Jahren angefangen habe aufzulegen, bin ich mal mit einem D&G-Shirt in den Club gegangen, allerdings eher unbewusst. Damals hatte mich einer der Betreiber zur Seite genommen und mir ganz lieb gesagt, dass so ein Marken-dropping hier ungern gesehen wird. Und der Mann hat in meinen Augen völlig Recht. Es ist richtig und wichtig, dass ein DJ cool aussieht und rüber kommt, schließlich wird er auch während seines Sets von unzähligen Leuten angestarrt. Aber das zur Schau tragen des eigenen Reichtums – sowohl offline als auch online – ist in meinen Augen pure Angeberei und ich weiß nicht, ob man sich damit selber einen Gefallen tut. Aber das ist nur meine Meinung, jeder muss das für sich selber entscheiden. Was andere mit ihrem erwirtschafteten Geld machen wollen, ist mir auch egal. Sparen („mal an später denken“) oder verprassen („YOLO“). Jedem das Seine.

Im Fußballgeschäft ist es ja nicht anders. Aber am sympathischsten sind mir da die Spieler, die mit dem Fahrrad oder ihrem 90er-Jahre Kleinwagen zum Training kommen. Understatement, ganz ohne Schicki-Micki. Geht doch.

FAZIT

Ich bin jetzt im dritten Jahr selbständig, habe 2013 meinen sicheren Job „an den Nagel“ gehangen um mich ins Abenteuer Musik zu stürzen. Bereut habe ich den Schritt keine Minute. Was die Zukunft bringen wird, weiß sowieso keiner. Du kannst auch im angeblich sichersten Unternehmen der Welt beschäftigt sein, was plötzlich in großem Maße rationalisieren muss. Definiere ‚Sicherheit‘ im Jahr 2015. „Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied“ könnte vielleicht eine Antwort darauf sein.

In der Szene, in der ich mich bewege, wird Herzblut und Leidenschaft zum Glück groß geschrieben und Geld spielt nicht immer die bestimmende Rolle. Trotzdem muss man davon leben können, was man tut also geht man auch gewisse Risiken ein. Rückschläge gehören dazu und hauen dich auch manchmal um. Dann sitzt du allein zu Hause oder in deinem Studio, starrst mit leerem Blick aus dem Fenster und fragst dich: „Wofür mache ich das eigentlich?“. Das DJ-Leben hat nicht nur Höhen, es hat auch Tiefen. Gerade wenn man eine Blockade im Kopf hat, hemmt es die Kreativität. Und ohne die geht gar nichts. Natürlich bauen einen die Kollegen, die Agentur, Freunde und Familie wieder auf. Aber aus dem Loch muss man sich von ganz alleine raus ziehen. Es ist nicht alles Gold, was glänzt.

Sich auf Dauer durchzusetzen heißt auch auf viel Freizeit zu verzichten und eine solche 100-Stunden-Woche als völlig normal anzusehen. Aber vor allem indem man ehrgeizig bleibt, aus Rückschlägen neue Kräfte zieht und vor allem nie den Spaß an der Sache verliert – die Beständigkeit festigt das Talent.

Die Grenzen zwischen „Existenzängste“ und „Champagner für alle“ sind manchmal fließend, ich denke das kann mir jeder Selbständige bestätigen. Aber ist es nicht das, was das Leben auch wieder ein Stück weit aufregend macht?

„Später will ich mal DJ werden“ oder einfach „Später will ich mal Profifußballer werden“, das wünschen sich viele Kids. Träume sind immer wichtig im Leben. Wenn aber alles so leicht wäre, dann würde es jeder machen. Nur die Besten werden es mal schaffen. Und die Besten sind meistens die, die am Meisten an sich glauben.

Danke für´s Lesen,

Marc

thuglife

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„Hey DJ, schreibst du mich auf die Liste??“

DJ´s kennen das nur zu gut: ein cooles Event kündigt sich an und plötzlich hast du wieder ganz viele neue Freunde.

Wer selber einmal veranstaltet hat, weiß genau wie der Hase läuft: für jeden Gast, den der DJ mehr auf seiner Liste hat, nimmt man weniger ein. Gerade bei Events, wo man nicht auf die Gastro-Einnahmen zurückgreifen kann, ist die Tür nun mal die einzige Kasse, aus der man den (maßlos überteuerten) DJ bezahlen muss. Ganz zu schweigen von all den lustigen Nebenkosten.

Viele Veranstaltungen sind auch einfach sehr große Produktionen, wo es meist gar nicht möglich ist, dass du 10 oder mehr Leute auf deine Liste schreiben kannst und dafür habe ich auch vollstes Verständnis.

Gästelistenplätze vergibt man entweder an seine Freunde oder man trägt selber noch etwas zur Promo bei, nämlich indem man die Plätze zur Verlosung ausgibt.

Und trotzdem gibt es sie immer wieder, die Gästelisten-Bettler.

Also lasst sie uns einmal kategorisieren:

Dein größter Fan: „Ey Junge, ich supporte dich voll! Ich habe alle deine Platten, weißt du? Alter, bitte setz mich heute auf die Liste, ja?“

Die „Ich-kenn-den-DJ“-Masche: „Jo Marc. Wir sitzen hier gerade bei mir und glühen vor. Wir feiern deine Mucke so hart! Ich hab meinen Leuten gesagt, dass ich dich gut kenne. Kannst du uns heute mit rein bringen?“ – Ich kenne dich aber nicht.

Der Selbstverständliche: „Wie, ich stehe heute nicht auf der Liste? Hab ich dir was getan? Pffff, na dann bleib ich halt zu Hause!“

Der Nimmersatt: „Cool dass das geklappt hat. Danke für die Liste. Hast du gleich noch paar Getränkemarken für mich?“ – na klar doch, im Backstage wurden auch direkt noch ein paar Nasen für dich vorbereitet. Taxigeld für die Heimfahrt gibt es später. (facepalm)

Der Warteschlangen-Umgehungs-Trick: „Marc, wir würden echt gern Eintritt zahlen. Kannst du uns aber wenigstens auf die Liste setzen, damit wir nicht anstehen müssen?“ – in Berlin der Klassiker. Aber okay, das ist verständlich und trotzdem sympathisch.

Der Copy & Paste – Fail: „Hey Thomas, ….“ – ooooh, man sollte schon den Namen austauschen, wenn man sein Bettel-Gelübde gleich an mehrere schickt.

Der Autogramm-Trickser: „Hey Marc, ich hab noch eine alte Platte von dir daheim. Ich bring die nachher mit, kannst du mir die dann signieren? Wäre aber lieb wenn ich damit draußen nicht so lange anstehen muss.“ – na logisch. Nicht, dass die Platte an der frischen Luft noch Beulen bekommt!!!

Dein alter Schulfreund: „Weißt du noch wie wir früher um die Häuser gezogen sind? Und krass, was aus dir geworden ist. Du gehst ja richtig steil! Sag mal, ich bin gerade zufällig in der Stadt und würde heute Abend gern mal gucken, wie du das so machst…..“

Der arme Student: „Hey Marc, ich bin erst kürzlich wegen meinem Studium hier her gezogen. Ich hab mein ganzes Geld in den Umzug gesteckt und jetzt habe ich nichts mehr. Will aber trotzdem feiern gehen…“

Der Weitreisende: „Ich bin nur hier um dich zu sehen, bin sogar getrampt! Jetzt hab ich aber nur noch Geld für ein Brötchen….“

Der Spendable: „Alter, ich hab mir vorhin erst ´nen riesigen Batzen Gras gekauft, jetzt hab ich keine Kohle mehr. Kannst du mich heute ausnahmsweise mal auf die Liste setzen? Ich drehe dir auch ´ne Tüte!“

Der Schnaps-Kumpel: „Ey, wir trinken heute mal richtig einen zusammen, wa? Setz mich auf die Liste und der Abend geht auf mich!“

Das Feierschwein: „Jo Alter, ich bin schon seit Donnerstag unterwegs. Ich will übel gerne noch zu deinem Set abraven, hab aber keine Kohle mehr. Kannst du…?“

Der Freundinnen-Trick: „Hey Marc, wir sind 3 junge Mädels aus Hamburg, die heute zusammen in Berlin mal richtig Spaß haben wollen. Wir haben uns extra hübsch gemacht für dich, kannst du uns bitte auf die Liste setzen???“………………….…………….. (na gut.)

Dein Bro: „Pass auf! Da du eh keinen hast, den du auf die Liste setzt – das ist meine Liste für dich: Bernd + 1, Uwe, Uschi, Jürgen, Mandy + 2. Peace!“

So und nein, ich bin kein „Gästelisten-Nazi“. Ich möchte nur gern selber entscheiden, wen ich drauf schreibe und wen nicht. Betteln mag ich gar nicht, erst recht nicht von Leuten, die ich überhaupt nicht kenne und die am Ende noch nicht einmal wissen, wie mein Künstlername richtig geschrieben wird.

Feiern kostet Geld, keine Frage. Es ist ein Luxusgut. Aber die Gästeliste dient nicht dazu, den Drogenkonsum anderer Leute zu kompensieren, nur um damit Geld zu sparen. Wer seine Kohle sinnlos verplempert, hat es auch einfach nicht verdient, in den Genuss eines Gästelistenplatzes zu kommen.

Aber natürlich gibt es sie noch, die mir ans Herz gewachsenen Feierleute, die man einfach gern und völlig freiwillig auf die Liste setzt. Sei es der liebevolle Veranstalter aus einer anderen Stadt, ein guter Kumpel aus alten Tagen, ein Produzenten-Kollege oder schlichtweg ein lieber Mensch – genau dafür gibt es die Gästeliste.

Habt ein schönes Wochenende!

Marc.

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Das Publikum aus DJ-Sicht

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Wenn man so Woche für Woche durch die Städte und Clubs dieser Welt zieht, dann begegnen einem schon die komischsten Leute. In letzter Zeit wurde ich immer mal wieder gefragt, wie ich mir das „perfekte Publikum“ vorstelle. Na klar, die Antwort ist eigentlich leicht: geil wäre es, wenn die Bude aus allen Nähten platzt, wenn alle kollektiv ausrasten würden und sich jeder lieb hat. Aber natürlich ist das leichter gesagt als getan. Wie also generiert man ein gutes Publikum? Am Einfachsten wahrscheinlich mit dem Ausschlussprinzip: Leute draußen lassen, mit denen keiner zusammen feiern möchte.

Szenenintern unterscheidet man zwischen guten und schlechten Clubs. Das hat meist weniger mit der Einrichtung oder der Anlage zu tun, sondern viel mehr mit dem Image, was ein Club durch sein Publikum bekommt. Betreiben die Clubs am Einlass keine strenge Selektion und lassen die augenscheinlich schwarzen Schafe alle rein – hauptsache sie zahlen Eintritt – dann wendet sich schnell das Blatt der Beliebtheit und innerhalb kürzester Zeit bekommt man von vielen Seiten zugetragen: „spiele dort mal lieber nicht“, denn da wurde wohl sinnbildlich verbrannte Erde hinterlassen. Ich denke jeder von euch weiß genau was ich meine bzw. kennt ein Beispiel aus seinem eigenen Feier-Umfeld.

Es ist ein schmaler Grat: Natürlich freut sich der Veranstalter über jeden zahlenden Gast, aber eine gesunde Selektion ist keine Diskriminierung sondern einfach nur ein völlig normaler Prozess. Und er ist so verdammt wichtig. Diesen einen Schritt zurück zu gehen (auf Geld kurzfristig zu verzichten) bedeutet wiederum zwei Schritte nach vorn zu machen – nämlich die Leute nachhaltig für sich und seine Events zu gewinnen. Denn keiner hat Lust auf pöbelnde Gäste, die sich selbst nur am Nächsten sind. Keiner will Leute im Club haben, die ab einem gewissen Pegel einfach nur noch aggressiv sind und ihre gute Erziehung vergessen (sofern sie eine hatten).

Natürlich spielt das Erscheinungsbild auch eine Rolle, denn weiße Stiefel trägt bekanntlich nur der Sandmann. Genauso fehl am Platze sind Jogginghosen und Fantrikots vom jeweiligen Lieblingsverein. Außer es ist vielleicht gerade WM und es ist cool ein Deutschland-Trikot zu tragen. Coolness hört aber auf, wenn der gerade 18 gewordene Pickel-Peter mit seinem Ultras-Eintracht-Shirt „Euer Hass ist unser Stolz“ vor dem Pult abspackt oder wenn der aufgepumpte Muskel-Mario seine politische Gesinnung unters Volk bringen möchte á la „Wir sind der nationale Widerstand“. Nein, das will kein Mensch im Club sehen. Und auch auf keinem Festival und ach überhaupt: nirgendwo!

Wir haben ja schon häufig feststellen müssen, dass auf eine Innovation meist eine große Reihe billiger Imitate folgt. Generation YOLO lässt grüßen. Seit Berlin´s Hippster-Kultur am Aufblühen ist, kann man Woche für Woche beobachten, wie schlecht sich die billigsten Kopien ständig aufs Neue übertreffen. Als DJ hast du jede Woche natürlich ein unglaubliches Privileg: du kannst nämlich vergleichen! Und dir selber deinen Teil dazu denken. Zwischen wirklich cool sein und nur einem Trend zu folgen ist halt noch ein großer Graben. Hinter dem Pult bekommst du davon natürlich nicht viel mit, aber dein DJ-Dasein beschränkt sich ja nicht nur auf deine 2 Stunden Playtime sondern auf all das, was du drumherum aufschnappen kannst.

Aber zurück zum Gig. Ihr alle habt sie schon einmal erlebt. Die typischen Fragen, die jedem DJ begegnen: „Gibst du mir mal meine Jacke?“ – „Kannst du mal auf meine Handtasche aufpassen?“ – „Hast du was zum ziehen?“ – „Kann ich auch mal einen Track mixen?“ – „Kannst du mal den zweiten Track von meinem Stick spielen? Das ist mein Lieblingslied!“. Am Fantastischsten sind eigentlich die Leute, die dich einfach voll quatschen während du die Kopfhörer auf den Ohren hast. Ich meine, jedes Kind weiß: wenn man Kopfhörer trägt und Musik hört, dann versteht man nicht viel von seiner Umgebung. Merke: der DJ kann dich nicht hören, wenn die Muschel auf dem Ohr sitzt.

Okay, wie bekomme ich jetzt wieder den Bogen zu dem „Gutmenschen“? Ach ja: Feiern kann man am Besten gemeinsam und nicht jeder für sich alleine. So entstehen ja auch die lustigsten und schönsten Kontakte. Aber die aalglatten Leute sind es nicht, die einen im Nachhinein Geschichten erzählen lassen – nein, es sind die schrägen und gleichsam auch sympathischen Vögel, die im Kopf hängen bleiben. Hier mal ein Auszug, wem ich über die Jahre schon begegnet bin:

– Der Saufkumpan: Der Unbekannte, der die Shots ungefragt ans Pult bringt und meint, jetzt mit dir einen trinken zu müssen. Naja okay, ich hab manchmal schon eine kleine Ja-Nein-Schwäche, wirklich kritisch wird es dann allerdings, wenn man zu viel von den kleinen Stoßgetränken durcheinander trinkt. Der nächste Tag lässt grüßen. So sehr ich Katzen liebe, aber Kater sind ganz furchtbar!

– Der Ghetto-Fäustling: Er steht während deines gesamten Sets vor dir und muss in der Zeit mindestens 20 mal mit dir „abfausten“. Okay, zugegebenermaßen: ich mag ihn. Er ist pflegeleicht.

– Der Dauer-Shazamer: „Ey DJ, von der ersten Stunde habe ich fast alle Tracks gefunden, aber welcher war denn das bei Minute 72?“ – „Klar, warte, ich spule nochmal zurück.“

– Der Aus-dem-Takt-Klatscher: Oh ja, der böse Freund vom DJ. Wehe er macht das während eines Breaks und man lässt sich dabei erwischen, auch noch falsch mit zu klatschen. Könnte peinlich werden wenn die Kick wieder einsetzt.

– Der gar-nichts-Blicker: Der ganze Club tobt, schreit, jubelt, pfeift und tanzt sich die Füße wund und dann kommt ER zum Pult: „Ey was du hier spielst ist scheiße, das will doch gar keiner hören. Kannst du nicht mal richtig Techno auflegen???“

– Die Spaßbremse: die Tanzfläche ist voll, alle Arme sind oben, die Kick setzt ein und alle flippen aus. Nur einer nicht. Der Typ mit seinem Smartphone in der Hand, direkt in der Mitte. Vermutlich schreibt er seinen Kumpels gerade: „Die Party ist scheiße!“.

– DJs-best-friend: Er kündigt sich natürlich vorher schon an. Postet auf Facebook das Event und verlinkt den DJ unter seinem privaten Profil, einfach nur um zu zeigen wie cool man ist, weil man den DJ persönlich kennt. Im Club geht’s dann natürlich weiter. Umarmungen als würde man seine Sandkastenliebe nach 20 Jahren das erste Mal wieder treffen. Das ist natürlich auch der Grund, warum man die ganze Nacht HINTER dem Pult feiern muss. Ich find´s ja ganz furchtbar. Vor allem wenn dann im Laufe der Nacht so viele Leute hinter dem Pult stehen, dass dein eigener Bewegungsradius auf die Größe einer Vinyl geschrumpft ist.

– Der neue Sänger am Sternenhimmel: Wehe ein Mikrofon liegt in seiner Nähe. Obacht: ein Live-Act ist keine open-mic-session. Mikro´s haben sowieso eine magische Kraft auf manche Leute. „Meine Freundin hat heute Geburtstag. Kannst du mal ´ne Durchsage machen?“

– Der gut Erzogene: „Entschuldigen Sie bitte, können Sie vielleicht mal etwas RNB spielen?“ – zwei No-Go´s in einem Satz. Erstens bin ich keine Jukebox und spiele mal eben zwischen den aktuellen EDM-Charts die Schunkelrunde und zweitens kenne ich keinen DJ, der im Club gerne gesiezt werden möchte. Aber rechnen wir es der heutigen Jugend einfach mal hoch an, wenn sie der etwas älteren Generation den nötigen Respekt zollen.

– Der großkotzige Manager-Typ. Malen wir ihn mal auf: 40 Jahre oder älter, schmierige Haare, dicker Bauch, Designerbrille, braun gebrannt, dicke Kette, goldene Uhr, Anzug, oberster Hemdknopf offen und schön den grauen Brustwuchs rauswuchern lassen. Schlichtweg der Großkotz, der denkt er könne sich mit Geld alles kaufen. „Junge, hier hast du 50 EUR. Nimm das und spiele jetzt was von den Ärzten oder den Hosen.“ Ja, nee, is klar. Das habe ich über die Jahre schon ein paar Mal erlebt. Manchmal liegt mir auf der Zunge zu antworten: „Also für 100 würde ich es machen“. Vermutlich lege ich mir damit aber dann selber ein Ei.

– Der Voyeur: Er steht irgendwo bewegungslos neben dem Pult. Aber egal was du tust, er beobachtet dich und schaut dir genau auf die Finger. Am Liebsten würde ich manchmal hingehen und sagen „Du kannst den Mund wieder zu machen, ich mixe wirklich. So und nun geh wieder an die Bar und hol dir ne Fassbrause.“

– Der Voyeur 2.0: Er steht meistens direkt neben dir und schaut bei jedem Übergang auf den Player, wie der Track jetzt heißt. Da ich das schon ein paar Mal erlebt habe, habe ich mir angewöhnt, manche Tracks einfach willkürlich umzubenennen. So heißt die Mp3 dann: „DAS GEHT DICH EINEN SCHEISSDRECK AN!!!“. Sein Blick: unbezahlbar!

– Der Durstige: „Hey DJ, verkaufst du auch Getränke?“. Also ja, da war ich wirklich mal sprachlos. Ich habe auf jede dumme Frage meist eine noch viel dümmere Antwort parat, aber diese Frage hat eine völlig neue Qualität erreicht.

– Der überbesorgte Veranstalter: er wiederholt im 5-Minuten-Takt „Es ist so schön, dass du da bist. Brauchst du noch irgendwas?“ Bei manchen hat man auch das Gefühl, sie würden dich nach dem Gig gerne noch ins Hotelzimmer bringen um dich richtig zuzudecken und dir noch ein Gute-Nacht-Lied zu singen. Aber ehrlich gesagt lieber so, als wenn du völlig verloren bist und da stehst wie der letzte Drops. Gerade im Ausland.

Und ja, es gibt sie natürlich auch noch: die Mehrzahl aller Leute. Nämlich die, die einfach nur gemeinsam feiern wollen und ihren Teil zu einer geilen Party beitragen. Die Leute, die den Grundgedanken der Feierkultur verinnerlicht haben und dabei ist es völlig egal ob sie groß oder klein, dünn oder dick, hässlich oder hübsch, schwarz oder weiß sind. „Music is the escape from all the bullshit in life“ und wenn man einen freundlichen und respektvollen Umgang miteiander pflegt, dann kann man auch mal eine „night to remember“ für sich erleben. Ich persönlich habe in diesem Jahr schon ganz viele solcher Nächte erlebt, natürlich auch weil man als DJ selektiert „wo spielst du und wo nicht“. Die schönsten Partys sind im Endeffekt die, wo du dich schon heute darauf freust, irgendwann einmal zurückzukehren.

In diesem Sinne. Habt euch alle lieb und lasst die Frühlingssonne in eure Herzen.

Hach!

Marc
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PHOTO: Ilona Henne / Docks, Hamburg

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Wie ein Track mein Leben veränderte…

Jeder kennt das Gefühl, wenn man von einem Konzert/Event zurückkehrt und man ist noch völlig überwältigt und kauft sich gleich alles, was der Künstler in den letzten Wochen und Monaten veröffentlicht hat. Und man kann gar nicht erwarten, was als Nächstes kommt.

Es gibt Songs, die hört man im Club oder im Radio und plötzlich hat man ein ganz genaues Bild oder Erlebnis aus der Vergangenheit vor Augen. Auch für mich gibt es Künstler und Tracks, die ihre ganz eigenen Spuren im Kopf hinterlassen haben. Ein Track hat eine ganz besondere Stellung bei mir und daran möchte ich euch teilhaben lassen:

Patrick Chardronnet – Eve by day:

https://www.youtube.com/watch?v=Tw4nhBMnIro

Bei der Nummer kommt es bei mir wie aus der Pistole geschossen: Hellraiser, Leipzig, 8. April 2006!!! Und das Datum habe ich nur deshalb noch so gut in Erinnerung, weil der Abend wie eingebrannt im Kopf bleibt. Also nehmt euch eine Tüte Chips, schnappt euch ein kühles Getränk, lehnt euch zurück und lest, was uns den Abend widerfahren ist.

Wir waren eine kleine Veranstalter-Crew von 4 Freunden aus Leipzig, haben mit unserer „Sync Source“ Party-Reihe zunächst klein begonnen und wollten dann expandieren. Nur das ging kräftig in die Hose. Aber von vorn!

Jeder, der schon einmal veranstaltet hat, weiß wie schwer es ist, den Fuß in die Tür zu bekommen. Sowohl bei den Clubs als auch bei den Leuten, die dir am Ende die Party finanzieren – nämlich deine Gäste. Bei unseren ersten Partys in einem kleinen Kellerclub im Zentrum Leipzigs haben wir viel Zuspruch bekommen á la „Jungs, ihr macht das toll – macht doch mal was Größeres!“. Und mit der Motivation im Rücken sind wir gestärkt auf die Suche gegangen. Auf die Suche nach der perfekten Location. Und das ist alles andere als einfach, gerade wenn man kaum Erfahrungen oder Kontakte hat. Dabei wollten wir nur feiern und Spaß haben…

Nach einiger Zeit sind wir auf den Hellraiser gestoßen. Für die, die den Schuppen nicht kennen: Er liegt im äußersten Osten von Leipzig, in einem abgelegenen alten Industriegebiet. Klar, auf den ersten Blick nicht verkehrt… klingt schön ranzig und heruntergekommen und somit ideal für Techno! Der Hellraiser wird bei vielen Veranstaltungen auch gern als Konzert-Location benutzt, einfach der Größe wegen. Musikalisch gibt es da ziemlich viel, meistens aber Rock, Punk und Heavy Metal. Naja. Der kleinere Floor des Hellraisers ist jedenfalls ganz gut für Techno-House-Minimal geeignet. Dachten wir.

Nachdem wir im Januar 2006 mit der Location alles klargemacht haben, jagte ein Unglück das Nächste. Innerhalb kürzester Zeit wurde die in Leipzig recht bekannte „Energy Clubzone“ aus dem Boden gestanzt, die an exakt dem gleichen Tag stattfinden sollte. Um es mit wenigen Worten zu erklären: das ist ein kommerzielles Massen-Event. Jeder, der ein Bändchen für ein paar Euro erstanden hat, darf am Abend in sämtliche Clubs der Stadt kostenlos rein. Von meinem Blickpunkt aus gab es damals noch nicht so eine schöne und interessante Subkultur wie heute. Das ist auch immerhin schon 8 Jahre her und zur damaligen Zeit war die Musik einfach noch nicht so richtig angesagt. Minimal und Tech-House waren noch tief im Underground verwurzelt und ich glaube den Begriff „Deep-House“ hat da noch keiner wirklich in den Mund genommen. Aber es war auch der Beginn einer Zeit, in der plötzlich bei jedem Event auf den Techno-/ House und Electro-Floors exakt die gleiche Musik lief.

Mit dieser Energy Clubzone am gleichen Tag war uns also klar: da wir nicht mitmachen, machen wir eine Gegenparty. Der Zuspruch war ja da. Nur der Headliner sagte plötzlich ab. Er durfte angeblich nicht mehr bei uns spielen, weil er zur Clubzone gebucht wurde. Keine schöne Geschichte aber nun gut – Ersatz musste also her. Und das drei Wochen vor dem Event. Ron Flatter ist kurzerhand eingesprungen und wir waren sehr glücklich darüber, dass wir doch noch eine schnelle Lösung gefunden haben.

Der Abend rückte also heran und die Gewissheit auch: das könnte heute richtig in die Hose gehen. Als Eintritt haben wir zwar nur eine kleine Spende verlangt, aber dafür müssen natürlich auch erst einmal die Leute den Weg in das verlegene Eck finden. Insgesamt hätten wir uns natürlich sehr über 200 oder 300 Gäste gefreut, am Ende waren es aber leider nur um die 50. Freunde, Personal und natürlich Gästeliste eingerechnet.

Gegen 0.30 Uhr haben wir vom Türsteher erfahren, dass sie jemanden rausgeschmissen haben. Ein Kerl um die 30 Jahre alt, der mit Rucksack und auffällig weißer Nase an der Bar sein Unwesen trieb.

Als ich dann draußen stand, um mit meinen Leuten zu reden, was genau passiert sei, tauchte der Typ wieder auf. Das gruselige Szenario muss man sich etwa so vorstellen: weit und breit gab es außer dem Mond kein Licht, nur eine kleine Birne am Eingang verwies auf den Weg. Dieser etwa 100 Meter lange dunkle Weg führte zum Club und am Ende dieses Wegs war plötzlich dieser Kerl. Wie ein Zombie: mit ausgebreiteten Armen stand er da und rührte sich kein Stück. Man hat nur seinen Umriss gesehen. Klar, man hat ihn des Geländes verwiesen und genau da blieb er jetzt stehen. Nur spätestens jetzt war uns allen klar, dass kein weiterer Gast mehr kommen würde. Zum Glück aber hatten wir erfahrene Türsteher. Die Jungs gehörten zum Club und kannten jede Ecke. Was sich noch als Vorteil herausstellen sollte. Ich kann mich an einen der beiden Kerle noch genau erinnern. Er hatte Oberarme so breit wie meine beiden Oberschenkel zusammen. Irgendwie beruhigend.

Wir haben dann über die Situation gelacht, haben gequatscht und plötzlich war der Typ weg. Wie vom Erdboden verschluckt. Keiner hat gesehen, wohin er gegangen ist. Aber irgendwie war uns das auch egal, innerlich haben wir die Sache längst abgehakt. Also sind wir wieder rein und haben aus dem Abend noch das Beste machen wollen.

Ron Flatter fing gerade an zu spielen, da war es gegen 2 Uhr. Als Veranstalter steht man ja immer unter einer gewissen Spannung, man muss sich ja auch um alles kümmern, nicht zuletzt um das Wohl seiner Gäste. Bloß der Großteil war schon weg und als dieser erste Schreckensmoment vorüber war, haben wir uns erst einmal alle einen kurzen Shot gegönnt.

Mehr Gäste kamen auch nicht mehr. Also haben wir einen der beiden Türsteher nach Hause geschickt und die Tür am Eingang verschlossen. Als wir gerade im Kassenhäuschen saßen und die paar gewonnenen Groschen gezählt haben, hörten wir plötzlich ein dumpfes und immer wiederkehrendes Geräusch. Hinter den Toiletten ging ein weiterer Gang ins Innere des Mainfloors, der an diesem Abend ja geschlossen war. Die Katakomben waren rötlich beleuchtet. Das sah schon irgendwo schön aus bzw. hätte nicht ganz nach Geisterbahn ausgesehen, wenn einfach noch ein paar mehr Leute da gewesen wären. Und es knallte und knallte. Ständig. Keiner wusste, woher das kam – im Nebenraum lief ja auch noch Musik. Ron spielte mittlerweile nur noch vor seinem Bruder, denn alle waren plötzlich draußen und haben sich gefragt: was zum Teufel ist hier los? Die Antwort kam schnell: unser Zombie war wieder da! Wie er reingekommen ist? – keine Ahnung. Vermutlich ist er von der anderen Seite des Clubgeländes in den Keller eingebrochen und hat sich den Weg nach oben gebahnt. Immer der Musik nach ist er an der Tür zwischen Club und Büro angekommen. Und das Knallen war genau diese Tür. Der Kerl stand völlig unter Drogen, was auch immer der genommen hat, er war gerade auf Maximum. Er schrie um sich und knallte die Tür ständig auf und zu. Als er uns gesehen hat, rannte er weg. Wir sind ihm sofort hinterher geeilt, aber weit sind wir nicht gekommen. Alles war voller Rauch! Auf halber Treppe haben wir einen brennenden Scheuerlappen entdeckt. Zufällig direkt neben 2 Gasflaschen. Im Nachhinein betrachtet hätte das richtig böse ausgehen können…

Der Kerl flüchtete wieder in den Keller. Und dieser Keller war ein riesiges Labyrinth. Ein ellenlanger Gang und jeweils links und rechts offene Räume mit Schutt, Holz und allem möglichen Unrat. Licht gab es dort natürlich keines. Smartphones mit ordentlicher Beleuchtung gab es 2006 auch noch nicht. Irgendwoher haben wir dann 2 kleine Taschenlampen bekommen. Jeder von uns hat sich eine Zaunlatte geschnappt, die dort herum lag. Man konnte ja nicht wissen, ob oder von welcher Seite man gleich angegriffen wird bzw. ob er überhaupt bewaffnet ist. So haben wir Raum für Raum durchkämmt. Alle zusammen und jeder mit der gleichen Angst im Nacken, denn allein das Szenario, die Dunkelheit und die Umstände waren schon wie ein richtiger Thriller. Und plötzlich bist du mittendrin!

Ich weiß gar nicht mehr, wer den Kerl dann gefunden hat. Es muss allerdings schon ein ziemlicher Schreck sein, wenn dich völlig unerwartet am Ende des Raumes zwei große Augen angucken. Der Kerl saß zusammengekauert in der Ecke, wimmerte und war scheinbar von seinem Trip gerade völlig runter gefahren.

Kurz später war der Spuk vorbei. Der Typ (wir wissen seinen Namen bis heute nicht) wurde der Polizei übergeben und wir sind dann geschlossen auf den Floor zurück gegangen und haben Ron´s tolles Set gefeiert. Er spielte ja schon seit gut einer Stunde und da lief sie dann: diese unglaubliche Nummer! Patrick Chardronnet mit „Eve by day“. Kein Track hat mich bis dahin jemals so sehr mitgerissen wie diese Nummer in dieser Nacht. Das Adrenalin noch tief in den Knochen und dann kamen diese wunderbaren Klänge. Unbeschreiblich!

Jedes Mal, wenn ich diesen Track höre, muss ich an diesen 8. April 2006 zurück denken. Das war übrigens auch der Moment, wo ich mich vollends von der alten Hardstyle/Hardtrance Musik verabschiedet habe. Bis Anfang 2006 hatte ich noch diverse Projekte für ein italienisches Label produziert. Nur ab dieser Nacht wollte ich keine andere Musik mehr hören und produzieren. Und dieser Musik bin ich ja auch bis heute treu.

Ich bereue es aber keineswegs, dass wir die Party dort gemacht haben. Finanzieller Verlust hin oder her, aber die Erlebnisse kann dir einfach keiner nehmen. Und ganz nebenbei habe ich an dem Abend Ron Flatter persönlich kennengelernt. Knapp ein Jahr später erschien ja meine erste Platte auf seinem Label „Playmate“ bzw. später „PM Music“. Es hatte also doch etwas Gutes!

Man kann also sagen, dass dieser Tag mein Leben verändert hat. Niemals vorher hatte mich Musik so in den Bann gezogen. Und alle dann folgenden Veröffentlichungen waren ja der Grundstein für meine heutige Selbständigkeit (siehe Blogeintrag #1).

Ron haben wir übrigens am Abend nichts davon erzählt. Wir wollten ja, dass er ruhig und mit einem guten Gewissen nach Hause fährt. Ein paar Jahre später habe ich das dann aber nachgeholt. Er fand es auch sehr beruhigend, während des Sets entweder in die Luft zu fliegen oder abgefackelt zu werden. Nun ja. Wir haben´s ja dann doch irgendwie alle überlebt. 😉

So liebe Freunde der Gruselgeschichten, immer daran denken: Licht anschalten im Keller!

Buuuhuuuuuuu,

Marc

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„Hey, DJ! Mach doch mal lauter!!!“

Liebe Freunde des geschützten Trommelfells,

eure Zuschriften haben mich ermutigt, meinen Blog an dieser Stelle fortzusetzen. Deshalb lasst mich heute mal ein Thema aufgreifen, was mich am vergangenen Wochenende wieder sehr beschäftigt hat und was ehrlich gesagt nur noch Unverständnis in mir weckt. Nämlich Leute, die vor dem DJ-Pult herum hampeln und einen ständig anschreien: „Mach mal lauter, mach mal lauter!!!“.

Liebe Freunde der lauten Musik: die Hersteller unserer Technik haben sich schon etwas dabei gedacht, den Ausschlag der Klänge mit einem roten Balken zu kennzeichnen. Im Handwerk sagt man „Nach fest kommt ab“ – bei Lärm kann man sagen: „Nach laut kommt taub!“. Klar ist natürlich: Techno ist nicht leise, House oder Minimal ebenso wenig. Wir sind bei Clubmusik auch nicht zimperlich, schließlich will der Körper auch nach ein paar lockeren Drinks so richtig zappeln und da sollte die Musik schon ordentlich laut sein.

Ich bin aber der Meinung, dass man als DJ gewissermaßen eine Verantwortung für die Leute zu tragen hat und da muss man der Tatsache schon Respekt zollen, dass der rote Balken am Mischpult tatsächlich so etwas wie eine akustische Obergrenze darstellen soll. Lauter sollte man dann also nicht noch drehen, abgesehen davon dass der Klang dann nicht mehr schön ist und gefühlvollere Tracks einfach nur noch nach Hardtechno klingen. Und wie man auch an vielen Decks lesen kann: „Good DJ´s don´t do it red!“. Da ist was dran.

Jeder, der hobbymäßig oder von Berufswegen aus mit Musik zu tun hat, wird sich zwangsläufig mit einem Thema irgendwann einmal beschäftigen: dem Tinnitus. Das kleine pfeifende, rauschende, summende und vor allem konstante Geräusch im Ohr, was je nach Ursprung eine völlig unterschiedliche Frequenz hat. Ja genau, dieses schreckliche Geräusch, weswegen sich ein berühmter holländischer Maler aus dem 18. Jahrhundert das Ohr abgeschnitten hat. Auch er hat damals gemerkt: ‚Das hat mir jetzt nicht viel gebracht‘ – denn der Ursprung liegt tiefer im Kopf – nicht in der Ohrmuschel. Und das resultiert zumeist aus einem Knalltrauma oder einem Hörsturz – und dies wiederum passiert, wenn man nicht gut genug auf sich aufpasst.

Um den Bogen zu meiner Geschichte zu spannen: ich habe seit nun fast 15 Jahren einen Tinnitus im linken Ohr und möchte gleich vorne weg greifen: ich bin weder Arzt noch habe ich irgendetwas in der Richtung gelernt oder studiert. Was ich hier schreibe, ist einfach nur ein Erfahrungsbericht – nämlich wie ich gelernt habe, mit meinem kleinen Freund im Ohr zu leben.

Es passierte in der Silvesternacht 1999/2000. Wir waren feuchtfröhlich in den Abend gestartet, haben im Freundeskreis angestoßen und sind dann ins Leipziger Zentrum zum Feiern aufgebrochen. Es war ja die Milleniums-Nacht, also waren auch irgendwie 3x so viele Menschen auf den Beinen. Aber aus dem Feiern wurde nichts, denn sprichwörtlich „aus heiterem Himmel“ flog ein China-Böller der aller übelsten Sorte vom Himmel und explodierte direkt vor meinem linken Ohr. Der Abend war gelaufen, ich war auf einem Ohr taub, habe rein gar nichts mehr gehört. Später wurde mir übel, was aber nicht am Alkohol lag, sondern weil ich das Gleichgewicht verloren habe. Das Ohr hat´s also mal so richtig erwischt.

Da ich damals ein Bundi war, habe ich mich ins Bundeswehrkrankenhaus einliefern lassen und habe dort diverse Infusionen bekommen, um das Blut verdünnen zu lassen und somit die Blutzufuhr im Ohr zu erhöhen. Das hat ein paar Tage gedauert, das Gehör kam zurück, aber leider stellte sich auch ein paar Monate später ein Pfeifton ein. Das hatte der Arzt auch angekündigt: „Gut möglich, dass Sie dadurch Folgeschäden davon tragen werden.“ Und seit dem hatte ich ihn also: den Freund im Ohr. Ich habe ihn liebevoll „Mister T“ genannt. Der Name passte ja auch gut in die Zeit. Hahahaha…

Das Geräusch in meinem Ohr muss man sich etwa vorstellen wie einen defekten alten Röhrenfernseher, der beim Ein- oder Ausschalten so einen furchtbar hohen Piep-Ton von sich gibt. Ein Ton, der einem den Gesichtsausdruck verleiht, wie wenn man kraftvoll in eine Zitrone beißt.

Angeblich haben über 10 Millionen Menschen in Deutschland die Volkskrankheit „Tinnitus“ und bestimmt auch einige von euch, die meinen Artikel hier lesen, also möchte ich auch mal ein paar Tipps geben, wie ich über die Jahre gelernt habe, den kleinen Quälgeist im Ohr zu mögen.

Ich war seit dem Jahr 2000 regelmäßiger Patient beim Hals-Nasen-Ohren-Arzt (kurz HNO). Das ganze fing mit Vitamin-Kapseln an, die das Blut verdünnen sollten. Später folgte Akupunktur und eine Reizstromtherapie. Dafür sitzt man auf einem Stuhl, neigt den Kopf zur Seite, es wird etwas Wasser ins Ohr gefüllt, eine Elektrode reingesteckt und dann wird der Strom aufgedreht. Liest sich schrecklich, was? Ist es auch. Der ganze Kopf brummt und die Stromzufuhr wurde automatisch von Minute zu Minute stärker. Das merkt man daran, dass die Augen zittern wie bei einem Erdbeben. Am schlimmsten fand ich es immer, als die Maschine dann nach 15 Minuten aus ging. Da wurde einem richtig schwarz vor Augen und dann auch gleich schwindelig und schlecht. Der Zustand hielt dann übrigens den ganzen Tag an. Ziel war es, die abgestorbenen (liegenden) Härchen im Ohr zu sensibilisieren. Ehrlich: gebracht hat mir das alles überhaupt nichts.

Es kamen Phasen, da war dann wieder alles gut. Ich konnte laute Musik hören, in Clubs gehen, ausgelassen feiern und dann kamen wieder Phasen, da hat mich das Zwitschern der Vögel vor dem eigenen Zimmerfenster wahnsinnig gemacht. Wenn der Fernseher lief, hatte ich das Gefühl, dass heute alles 5-mal so laut ist wie sonst.

Natürlich kann man fernab von Medikamenten und ärztlichen Eingriffen auch selber etwas zur Besserung beitragen, nämlich:
– aufhören zu rauchen (denn das verdickt das Blut)
– sich gesund ernähren
– Sport treiben
– wenig(er) Alkohol trinken, dafür viel mehr Wasser
– Stress reduzieren, viel Entspannung und körperlichen Ausgleich schaffen
– viel und regelmäßig schlafen

Mein Doc hat immer gesagt: „Schlimm ist es bei alten Leuten, die niemanden mehr haben und sich den ganzen Tag nur selber leid tun. Die sitzen dann nur in ihrer Wohnung herum oder schauen aus dem Fenster und sagen sich ständig ‚Ach das ist alles so schlimm in meinem Ohr’“. Denn wenn man sich das jeden Tag einredet, dann ist es auch schlimm und wird immer schlimmer. Vielmehr sollte man „Mister T“ als Kumpel betrachten. Und auch wenn es vielleicht albern klingt, aber wenn es wieder ganz schlimm bei mir war, habe ich mit meinem kleinen Freund im Ohr gesprochen. Wer kann schließlich schon von sich behaupten, mit Mister T befreundet zu sein??? 😉

2006 war etwa so die Wendezeit in meinem Hobby. Wie ich es bereits im vorigen Blog-Eintrag geschrieben hatte: irgendwann wurde es ernst mit der Musik. Nur hat mir natürlich jeder den Vogel gezeigt á la „Mit deiner Diagnose willst du hauptberuflich DJ werden? Du bist doch verrückt“. Ja, das war ich.

Über die Jahre war ich bei insgesamt 4 HNO-Ärzten in Behandlung. Immer in der Hoffnung, dass einer von ihnen DAS Heilmittel schlechthin für mich hatte. Weit gefehlt. Jeder Arzt sagte mir, dass die Krankheit unheilbar sei, man sie aber für sich erträglich gestalten könne.

Also bin ich selber auf die Suche gegangen, was mir helfen könnte: Fachzeitschriften, Internet. Und wie durch ein Zufall bin ich im Netz auf einen Beitrag von einem jungen Kerl in meinem Alter gestoßen, der hatte ähnliches erlebt wie ich: Knalltrauma und daraus resultierend Tinnitus. Er schrieb, dass er sich seit einiger Zeit Ginkgo-Tee kauft und davon jeden Tag einen Liter trinkt. Das fördert auf pflanzlichem Wege die Durchblutung und hat heilende Wirkung. Das fand ich sehr interessant. Der Ginkgobaum soll also die Wundermedizin in sich tragen? Aha.

Also bin ich losgezogen, bin durch sämtliche Supermärkte in meiner Umgebung gerannt und habe mir diesen Tee gekauft. Überwinden musste ich mich gar nicht, denn ich bin schon seit meiner Kindheit ein leidenschaftlicher Tee-Trinker. Den Ginkgo-Tee gibt es bis heute in mehreren Sorten: Apfel-Ginkgo, Zitronengras-Ginkgo, Orange-Sahne-Ginkgo, Hibiskus etc. – und das schmeckt auch alles super lecker, wenn ihr mich fragt.

Fakt ist: seit 2006 bis heute trinke ich fast jeden Tag meine Dosis Ginkgo-Tee und seit dem war ich nie wieder beim Arzt und habe kaum Beschwerden im Ohr. Zugegebenermaßen ist das natürlich nicht das alleinige Wundermittel, ich denke mal es ist die Summe aus allem: ich habe aufgehört mit rauchen, gehe joggen, fahre Fahrrad, ernähre mich gesünder als früher und vor allem: halte den Arbeitsstress in Grenzen und gönne mir auch nach mehreren Gigs am Wochenende die nötige Ruhe danach. Das ist unglaublich wichtig.

Heute ist es meistens so: das Ohr reagiert empfindlich, wenn das Wetter umschlägt oder wenn ich in einem Club gespielt habe, der eine sehr laute Anlage hatte. Aber hey, dafür braucht man nicht unbedingt einen Tinnitus um am nächsten Tag festzustellen: „Uff, war das laut!“

Seit ein paar Jahren trage ich übrigens einen eigens für mich angefertigten (durchsichtigen) Hörschutz. Das kann sich übrigens jeder von euch auch machen lassen. Man sieht die Dinger so gut wie gar nicht und sie dämmen um die 15-20db. Im Club ist das absolut Gold wert! Die normale Version davon kostet keine 50,- EUR, wenn man sich aber einen zusätzlichen Filter einbauen lässt, kostet das um die 200,- EUR – aber die Gesundheit ist es allemal wert. Das bietet übrigens jeder x-beliebige Hörgeräteladen in eurer Gegend an.

Viele von euch werden es kennen: plötzlich hat man von jetzt auf gleich einen Pfeifton auf einem Ohr, es fühlt sich für ein paar Sekunden völlig taub an, man spürt richtig den Druck – und dann ist es wieder weg. Keine Sorge: das ist kein Tinnitus, das ist nur eine Sinneszelle im Ohr und davon hat der Mensch ein paar tausend. Aber wenn so etwas passiert, ist das meist der Indiz für zu viel Stress und zu viel Umgebungslärm. Dann wird es mal wieder Zeit für ein wenig Ruhe oder bestenfalls gleich Urlaub. Von Tinnitus spricht man erst dann, wenn dieser Pfeifton beständig ist und immer wieder kehrt. Ursachen kann er unzählige haben, aber bei allen Anfängen kann ich nur den gleichen Tipp geben: verschwendet keine Zeit, geht so schnell wie möglich zum HNO-Arzt.

So, jetzt haben wir aber genug über Krankheiten gesprochen. Meine erste Tasse Tee ist leer. Jetzt geht’s mit Mister T erst einmal eine Runde ins Studio. Ordentlich laute Musik machen – immer mit dem kritischen Blick auf den roten Balken!

Piiiiiiiiiiep,

Dr. Marc

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Selbst und ständig… Ein Leben in der Selbständigkeit als Musiker

Hallo liebe Lesende,

heute möchte ich meinen hier neu angelegten Blog-Account entjungfern und euch aus gegebenem Anlass einen kleinen Blick ins Nähkästchen geben.

Seit dem 1. April 2013 bin ich „freischaffender Künstler“, oder anders gesagt: Selbständiger in der Branche Musik. Das ist nun fast auf den Tag genau ein Jahr her und daher möchte ich auch für mich mal ein kleines Resümee aus der ganzen Sache ziehen, während ich die Zeilen hier so herunter tippe und möchte dafür vielleicht auch erst einmal ein paar Jahre zurückblättern.

Der Schritt, in die Selbständigkeit zu gehen war kein leichter, er war mit vielen Bedenken und Risiken verbunden, aber seitens meines Arbeitgebers – den ich der Öffentlichkeit wegen nicht namentlich erwähnen möchte – war es glücklicherweise auch kein all zu schwerer Weg. Schließlich musste ich meinen sicheren Job im öffentlichen Dienst nicht quittieren, sondern bekam die Möglichkeit, ihn schlichtweg auf Eis zu legen. Darüber kann ich mich sehr glücklich schätzen und ich bin meinem Arbeitgeber unheimlich dankbar für alles – einschließlich aller Vorgesetzter, die sich dafür stark gemacht haben, damit ich meinen Traum leben kann.

Nun ist also ein Jahr vorbei. Es ist 10 Uhr morgens, ich sitze auf meinem Balkon, die Sonne strahlt auf den Laptop und der Kaffee schmeckt wunderbar. Aber was sich wie Urlaub anhört und von vielen Seiten als „allergrößter Traum überhaupt“ betitelt wird, ist tatsächlich – wer hätte es geglaubt – knallharte Arbeit. Also lasst euch mal in meine Welt entführen.

Angefangen hat alles 1999 auf meinem kleinen 486´er PC, der gerade einmal eine Festplattengröße von 105 MB hatte, wovon „Windows 3.1“ nicht einmal 30 MB eingenommen hat. Das waren noch Zeiten, was? Mit dem „Impulse Tracker“ habe ich damals im MS-DOS Modus Musik gemacht. Die Älteren unter euch werden es noch kennen: das war mit ohne Maus.

Die Jahre gingen ins Land und die BPM-Zahlen wurden kleiner. Ja, ich habe bei 160 BPM angefangen und die ersten Tracks hießen „Nasenbluten“ oder „Langhaarige Zombypussy“. Nun gut, soviel dazu. Über Trance, Hardstyle und Gabber bin ich also irgendwann zu der Musik gekommen, die ich heute noch über alles liebe. Und um die Jahre 2002-2005 habe ich auch als DJ erste Gehversuche gewagt. Halt hier und da im Umkreis für und bei Freunden ein paar Platten drehen. Später dann auch mal ein paar eigene Events machen, aber halt nichts Großes. Alles Hobby, alles nur aus Spaß. Und den hatten wir wirklich!

Parallel hatte ich ja immer noch meinen Job. Zwar unbefristet, allerdings seit Ende meiner Ausbildung nur auf Teilzeitbasis. Und das schwankte zwischen 20 und 30 Wochenstunden. Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel. Nun war ich also 25 Jahre alt und dachte mir: „Das kann´s doch noch nicht gewesen sein!?“. Leider gab es damals keine Möglichkeit, mich auf Vollzeit zu beschäftigen. Also habe ich dann ein 3-jähriges Abendstudium an einer Wirtschaftsakademie gemacht um mir die Hoffnung auf Mehrstunden zu ermöglichen. Eine schöne Zeit war´s, aber leider hat mir der Abschluss auch keine neuen Türen geöffnet.

Zeitgleich kamen die ersten Auftritte in größeren Clubs. Und so wurden aus 20 EUR Aufwandsentschädigung für den Sprit plötzlich 50 oder 100 EUR. Und natürlich kamen dann auch die ersten Clubs und Veranstalter, die dafür gern eine Rechnung haben wollten. Und das war für mich Neuland. Wie also schreibt man eine Rechnung?! Und überhaupt: bin ich dann eine Firma? Und wie erkläre ich das gegenüber dem Finanzamt? Fragen über Fragen.

Aber so wurde allmählich aus dem Hobby Musik ein kleiner Nebenjob. Natürlich wuchs alles sehr bedächtig, aber das war ja nicht schlimm. Über die Zeit habe ich also angefangen, mir ein richtiges Netzwerk an Kontakten aufzubauen, mit denen ich gern zusammen arbeiten möchte. Das waren Labels, Veranstalter, Booker und natürlich auch eine ganze Reihe gleichgesinnter Künstlern, die wie ich nur ein Ziel hatten: ihre Musik unter die Leute zu bringen.

Wer meine Musik noch aus den Jahren 2006-2008 kennt, hört natürlich zu den heutigen Produktionen himmelweite Unterschiede. Klar, eine gewisse Entwicklung macht ja jeder mal durch. Meine war stilistisch und auch technisch immer vom Lernen geprägt. Klanglich war damals alles noch… na sagen wir mal: in der Aufbauphase. Ich hatte 2007 eine Veröffentlichung auf Ostwind Records, die A-Seite hieß „Kein Kind von Traurigkeit“ und ich weiß noch wie mein damaliger Booker Holgi fragte „Du, Marc, sag mal… die Kick?! Ist die auf dem Postweg verloren gegangen?“ Hahahaha…. Okay, ich mag den Track heute immer noch sehr, aber würde so vieles einfach völlig anders machen. Gerade weil man die eigenen Ohren auch auf guten bzw. richtigen Klang geschult hat. Und dabei ist es für meine Begriffe völlig irrelevant, welche Software man dazu benutzt.

Aber zurück zur Timeline! 2007 hatte ich meinen ersten Auslandsauftritt, in Warschau (Polen). Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich mit 2 randvoll gepackten Plattenkoffern die 10-stündige Zugreise angetreten habe. Heute greife ich mir dafür an den Kopf. Wozu in aller Welt habe ich 2x 30 Kilo Vinyl für ein zweistündiges DJ-Set mitgeschleppt? Aber klar, das war natürlich eine Erfahrung, es war ein riesengroßes Erlebnis und für mich damals der Punkt, wo ich mir selber gesagt habe: ‚Junge, das willst du machen!‘ – und zwar nicht nur einmal im Jahr. Irgendwo kann man heute sagen, dass mir diese Abenteuer-Gigs damals den Antrieb gegeben haben, mehr zu erreichen. Das war eine Phase, die mir die Augen geöffnet hat. Wenn mir mein Job nicht das ermöglicht, was ich möchte, dann nehme ich mein Glück selber in die Hand.

Mit den ersten größeren Veröffentlichungen auf Ostwind und BluFin habe ich es dann ab 2008-2009 in viele weitere Länder Europa´s geschafft. Dort auflegen zu dürfen war immer ein großes Privileg für mich. Quasi „der kleine DJ aus Leipzig in der großen Welt“ – so richtig greifen konnte ich das alles noch nicht. Als die Auftritte dann regelmäßiger, die Clubs größer und der Zuspruch höher wurden, hat man sich schon wie so ein wenig daran gewöhnt: Montag bis Freitag vormittags seinen geregelten Job in der Verwaltung machen, ab nachmittags dann jeweils im Studio hocken und ab Freitag Abend dann im Auto, Zug oder Flugzeug sitzen – auf dem Weg zum Gig.

So gingen etliche Jahre ins Land und es hat alles wahnsinnig viel Spaß gemacht. Solange, bis der Körper eine ganz natürlich Reaktion zeigte und das alles nicht mehr so einfach ging. Die Einsicht kam: man kann nicht das komplette Wochenende über feiern und reisen und dann Montag früh wieder auf Arbeit sitzen und seine Leistung bringen. Klar, 1-2 Mal geht das sicherlich, aber natürlich muss man seinem Körper auch immer wieder Erholung anbieten und so wurde das „selbständig sein mit Musik“ immer öfters ein Thema. Und Ende 2012 war es für mich dann so weit, eine Entscheidung zu fällen: Entweder ganz oder gar nicht, keine halben Sachen mehr!

Heute bin ich froh, diesen Schritt gewagt zu haben. Der Schritt, aus meinem Hobby einen Beruf zu machen. Es fühlt sich toll an, alles in den eigenen Händen zu haben, sein eigener Chef zu sein. Aber es ist auch eine große Umstellung. Es gibt keine Kollegen mehr zum Quatschen, das soziale Arbeitsumfeld ist im Grunde völlig erloschen, denn das ersetzt keine E-Mail, Chat oder Telefonat. Und plötzlich gibt es auch kein festes Gehalt mehr am Ende des Monats auf´s Konto, nein – dafür muss man ab jetzt selber sorgen. Und man muss auch nicht nur für seine Miete und Nebenkosten aufkommen, sondern natürlich in sämtlichen Bereichen privat versichert sein, das kommt monatlich auch noch oben drauf.

Dafür lernt man völlig neue Arbeitszeiten kennen, wobei ich das was ich tue niemals als Arbeit in dem Sinne bezeichnen würde. Natürlich beginne ich nicht jeden Tag zur gleichen Uhrzeit – quasi nach Stechkarte. Das ist ja Quatsch. Da die Arbeit ja Spaß macht und man sich im Grunde 24 Stunden am Tag damit beschäftigt, hat man auch immer einen genauen Plan im Kopf, was man machen möchte, wohin man will und welche Ziele man sich kurz- mittel- oder langfristig stellt. Also so etwas wie ein „9 to 5 job“ gibt es nicht mehr. Feierabend in dem Sinne natürlich auch nicht.

Natürlich hat man auch mal antriebslose Tage. Man kann sich ja nicht wirklich jeden Tag selber in den Allerwertesten treten, damit man etwas macht. An solchen Tagen sollte man die „Kiste“ dann auch mal aus lassen und sich einen Tag Freizeit gönnen. Die kommt sowieso viel zu kurz, auch wenn einem das selber gar nicht so bewusst ist. Zugegebenermaßen habe ich auch das Zeitgefühl etwas verloren. Dass heute Mittwoch ist, musste mir erst ein Blick in den Kalender verraten. Irgendwie ist mir noch wie Dienstag. Das liegt aber auch daran, dass man nie wirklich abschalten kann und ein richtiges Wochenende im Sinne von 2 Tagen Erholung am Stück gibt es auch nicht. Schließlich geht man als DJ dann arbeiten, wann andere Wochenende machen. Und den Rest der Zeit verbringt man damit, sein erklommenes Treppchen zu verteidigen.

Frei nach dem Motto „Andere Mütter haben auch schöne Töchter“ kann man sinnbildlich sagen: „Andere Labels haben auch gute Acts“. Ich sehe die Branche aber nicht als Konkurrenzkampf, wobei ich häufig das Gefühl habe, dass sich einige lieber gern die Augen auskratzen würden. Ich bin der Meinung: es gibt viel zu schöne Musik von viel zu guten Künstlern, die es echt verdient haben gepusht zu werden. Gerade wenn man sich über die Jahre kennen und schätzen gelernt hat. Und dafür liebe ich auch meine DJ-Sets, denn da kann man die Musik von Anderen auch einfach mal richtig laut im Club feiern. Es ist gerade schön, wenn man die Musik bzw. die Produzenten dahinter auch persönlich kennt, somit hat man egal wo man spielt auch immer etwas Familie und Freunde im Herzen.

Trotzdem ist auf dem Markt natürlich keine Monopolstellung für irgend jemanden vorgesehen. Es gibt einfach unzählige DJs und Produzenten, die es echt drauf haben und die ebenso Tag für Tag Gas geben, um bekannter zu werden. „Höher, schneller, weiter“ ist der eine Weg, aber gegen den Mainstream habe ich mich entschieden. Dann lieber die Musik machen, die ich liebe. Nichts macht mir weniger Spaß als Fremdproduktionen in einem Musikgenre zu machen, was mich überhaupt nicht (mehr) begeistert. Ende 2010 habe ich damit auch aufgehört.

Heute ist es so: man kann sich über das freuen, was man sich über die Jahre aufgebaut hat. Aber sobald man anfängt, locker zu lassen, fällt man hinten wieder runter. Ich habe es letztens mal irgendwo gelesen: vor 10 Jahren hat es für einen DJ völlig ausgereicht, wenn er gut auflegen kann. Heute muss man alles miteinander vereinen: man muss DJ, Produzent, Label-Manager, PR-Agent, Marketing-Hero, Booker, Entertainer etc. sein. Das trifft es ziemlich auf den Punkt. Man hat in der immer populärer werdenden „EDM-Szene“ (was hasse ich diese 3 Buchstaben) ein absolutes Überangebot an Musikern, die alle irgendwo hinein drängen. Daher ist es die tägliche Aufgabe, immer wieder etwas zu präsentieren, was die eigene Arbeit zum Unikat macht. Und das ist gewissermaßen nicht einfach. Keiner erfindet das Fahrrad neu, aber es ist unglaublich wichtig neue Innovation auf den Markt zu bringen, denn imitieren bzw. einem Trend folgen kann jeder.

Was also nehme ich aus dem einen Jahr Selbständigkeit für mich persönlich mit?

1.) Schaff dir immer deine Freiräume, die braucht man. Auch wenn der Job für mich 100% positiver Stress ist: man braucht trotzdem seine Auszeiten um den Akku mal aufzuladen, denn das ist unglaublich wichtig. Auch der Kreativität wegen.

2.) Verschwende keine Zeit mit Dingen, die dich nur aufhalten oder mit Leuten, die den ganzen Tag nur labern, labern, labern ohne dass irgendetwas passiert.

3.) Verliere den Kontakt zu deinen Freunden nicht. Die sind das Wichtigste und Beste, was man haben kann. Dafür sollte man sich auch die Zeit nehmen, auch wenn der Kopf gerade voller Ideen und Möglichkeiten ist.

4.) Schätze das, was dir hier ermöglicht wird und erkenne jeden Tag als riesengroßes Privileg an. Und respektiere jeden für seinen Job, egal was er tut. Aber okay, das habe ich auch vorher schon gemacht.

So, nun ist die zweite Tasse Kaffee leer und ich werde mich mal langsam ins Studio setzen um wieder ein paar neue Klänge zu basteln. Und da sind wir auch schon beim Kreislauf: wenn keiner meine Musik hören würde, hätte ich dadurch keine Verkäufe bzw. Reichweite in den sozialen Netzwerken. Tja und dann hätte ich natürlich auch keine Gigs, womit man in der heutigen Zeit ja gut 80% seines Monatseinkommens bestreitet.

Somit möchte ich meinen ersten Blog-Eintrag hier mit einem FETTEN DANKESCHÖN an euch beenden! Denn ohne euch wäre das alles gar nicht möglich. Dafür bin ich unendlich dankbar und glücklich und möchte euch ein wenig von den Sonnenstrahlen schicken, die hier gerade herunterkommen. Hach… wie schmalzig und sentimental 🙂

Aber ehrlich.

Bis zum nächsten Mal, danke für´s Lesen.

Marc.

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